Die Einhundert-Millarden-Lüge
Es gibt kein Geld für Soziales, für unsere Bedürfnisse? Von wegen! Das Aufrüstungsprogramm für die Bundeswehr zeigt, dass die Herrschenden nur andere Wünsche haben: das, was uns schadet, nicht was uns nützt.
Einhundert Milliarden Euro. So viel Geld ist plötzlich da, als „Sondervermögen“ für die Bundeswehr. Um die Schuldenbremse im Grundgesetz braucht sich deshalb niemand zu scheren, die „Zeitenwende“ von Kanzler Scholz macht es möglich.
Jetzt schlägt die Stunde des militärisch-industriellen Komplexes, es ist Wünsch-dir-was für Bundeswehr und Rüstungskonzerne. Dass das ganze Geld auch wirklich nur in neuen Waffen landet und nichts anderem, darauf achtet schon die CDU/CSU, mit der die Bundesregierung gemeinsame Sache macht. „Dabei geht es natürlich um Aufrüstung und nicht ausschließlich um Ausrüstung“, sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Soll bloß niemand auf die Idee kommen, die Herrschenden würden sich dafür interessieren, wie es den Soldatinnen und Soldaten geht.
Nein, ihnen ist nur eine Rolle zugedacht: die neuen Waffen zu bedienen. Waffen, die das Leben von uns allen gefährlicher machen, weil die Kriegsgefahr mit der Hochrüstung steigt. Das wird bleiben, selbst wenn von der Ukraine längst keine Rede mehr ist.
Aber noch etwas wird bleiben: Wir sehen jetzt noch klarer als zuvor, dass Geld da ist, wenn es einen politischen Willen dazu gibt. Wann immer uns erzählt wird, es sei kein Geld da für unsere Bedürfnisse, dann ist das eine Lüge. Diese Lüge kannten wir schon, aber so krass unverschämt offensichtlich wurde sie uns bisher nicht aufgetischt.
Mit 100 Milliarden im Jahr könnte man Hartz IV auf 2300 Euro pro Monat erhöhen. Stattdessen gab es im Januar mickrige drei Euro mehr, der Regelsatz für Alleinstehende liegt jetzt bei 449 Euro. Die Ampelkoalition hat eigentlich ein Bürgergeld versprochen, aber auch das wird die Armut höchstens ein bisschen lindern – wenn überhaupt. Im Haushalt für 2022 steht sowieso nichts davon, ist ja kein Geld da.
Für Kinder hat die Koalition eine Grundsicherung versprochen. Aber auch die kommt frühestens 2024, ist ja kein Geld da.
Den Eltern wollte die Bundesregierung wenigstens einen weiteren Monat Elterngeld gewähren. Das würde die Gesamtausgaben für das Elterngeld von sieben Milliarden Euro nur um einen Bruchteil erhöhen. Muss aber warten, denn es ist ja kein Geld da.
Nach zwei Jahren Corona, in denen Kranken- und Altenpflegekräfte ständig am Limit gearbeitet haben, bekommen sie endlich ein paar hundert Euro Pflegebonus. Das ist ein bisschen mehr als nur Applaus, aber nicht viel. Die ach so systemrelevante, vor allem aber menschenwichtige Arbeit endlich würdig entlohnen? Dafür ist kein Geld da.
Das gesamte Budget der Stadt Hamburg für alle Kitas in einem Jahr ließe sich mit dem Bundeswehr-Sondervermögen verhundertfachen. Doch wir müssen weiter mit fehlenden Kitaplätzen, überbelegten Gruppen, unterbezahlten Erzieherinnen leben – ist ja kein Geld da.
Für 800 Millionen Euro ließen sich die gesamten jährlichen Ticketeinnahmen des HVV ersetzen. Nulltarif, Bewegungsfreiheit für alle, das würde nur 0,8 Prozent des Bundeswehr-Sondervermögens kosten. Einige Milliarden obendrauf, und wir könnten das Bus- und Bahnangebot spürbar verbessern. Aber dafür ist kein Geld da.
In ganz Deutschland gibt der Bund nur eine Milliarde Euro jährlich für den sozialen Wohnungsbau aus. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, besonders in Städten wie Hamburg, müsste dringend behoben werden. Wenn es dafür nur Geld gäbe.
Auch für die Rentenkasse heißt es, leider sei nicht genug Geld da. Deswegen wird jetzt schon wieder diskutiert, ob wir nicht besser bis 70 arbeiten müssten.
Wir müssen den Satz „Es ist kein Geld da“ aus unserem Wortschatz streichen. All diese Beispiele zeigen, wie der kapitalistische Staat uns missachtet: Alles, was unser Leben verbessern würde, wird kurzgehalten. Für ein existenzgefährdendes Rüstungsprogramm hingegen gibt es kein Limit. Wir müssen dafür sorgen, dass es umgekehrt läuft.
Stoppt das Bundeswehr-Sondervermögen!
Her mit der Kohle für unsere Daseinsvorsorge!