80 Jahre Angriff auf die Sowjetunion:
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, liebe Streiterinnen und Streiter für den Frieden,
Никто не забыт, ничто не забыто! Niemand und Nichts wird vergessen!
Diese Zeilen stehen am Einlass des Leningrader Ehrenfriedhofs in Erinnerung und Mahnung an die 800 Tage dauernde Belagerung der Stadt Leningrad durch die deutschen Faschisten, die mehr als einer Millionen Menschen das Leben kostete.
Wir stehen heute hier, um zu erinnern. An die Toten Leningrads, an die Toten in Babi Jar, an die Toten der Roten Armee, der Partisanen, der Kriegsgefangenen, aller Sowjetmenschen, die umgebracht wurden.
Wir stehen heute hier, um zu erinnern an den heldenhaften Kampf der Sowjetmenschen für die Befreiung von Faschismus und Krieg.
Wir stehen heute hier, um die wichtigen Lehren aus der Geschichte wach zu halten. Denn nur sie können der Boden sein, vom dem aus wir für eine sozialistische Gesellschaft kämpfen können.
Am 22. Juni 1941 überfielen die deutschen Faschisten die Sowjetunion. Der Angriff war massiv: 5,5 Millionen Soldaten wurden an die Ostfront geworfen. 3 Heeresgruppen, die Heeresgruppe Nord, Mitte und Süd wurden eingesetzt, 190 deutsche, finnische, rumänische und ungarische Divisionen. Die faschistischen Streitkräfte konzentrierten an der Front gegen die Sowjetunion 70 % all ihrer Divisionen, 75 % der vorhandenen Geschütze und Granatwerfer und 90 % aller Panzer und Kampfflugzeuge.
Von Beginn an wurde der Krieg gegen die Sowjetunion als Vernichtungskrieg geführt. Mit allem was sie verkörperte, war die sozialistische Sowjetunion der Hauptfeind der Nazis. Ein Vielvölkerstaat, ausgerichtet auf eine menschenwürdige Versorgung aller, der sich den Frieden als erstes Dekret zum Gesetz gegeben hatte und eine Gesellschaft aufbaute, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beendet wurde.
Allein in den ersten 9 Kriegsmonaten, vom Juni 1941 bis zum März 1942 wurden in den von deutschen Faschisten besetzten Gebieten mindestens 600.000 Zivilisten ermordet. Die meisten von ihnen – etwa 90 % – waren Jüdinnen und Juden. Der Krieg brachte unermessliches Leid für die Sowjetmenschen, jede Familie war davon betroffen. 27 Millionen getötete Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion. Russen, Ukrainer, Usbeken, Tataren Tadschiken, Bjelorussen, Kasachen und aus allen anderen Volksgruppen des Vielvölkerstaates. Alte und Junge, Frauen, Männer, Jugendliche, Säuglinge.
Eines der größten Massaker der deutschen Besatzung fand in Kiew statt. Am Stadtrand in einer kleinen Schlucht, erschossen im September 1941 die Einsatzgruppe C und die deutsche Wehrmacht mehr als 30.000 Jüdinnen und Juden innerhalb von 36 Stunden.
Dina Pronitschewa, eine Überlebende des Massakers in Babi Jar, sagte 1946 als Zeugin dazu folgendes vor Gericht in Kiew aus:
„Ich habe die Augen geschlossen und sprang in die Tiefe. Ich fiel auf die Leichen. Dann hörten die Schüsse auf und die Deutschen kamen nach unten in die Grube, gingen über die Körper und prüften, wer noch nicht tot war. Die erschossen sie. Ich verhielt mich so still ich konnte, und rechnete mit meinem Ende. Dann wurde es dunkel. Sie schippten Sand auf die Körper. Ich verstand, dass ich lebendig begraben war. Nachts bewegte ich meine linke Hand und spürte, dass sie an der Oberfläche war. Dann schaufelte ich mich frei, dass ich mehr Luft bekam und schließlich grub ich mich ganz aus. Ich kroch über die Leiber aus der Erde wieder heraus. Es war stockfinster. Von oben waren immer wieder Schüsse zu hören, sie feuerten noch im Dunkeln runter in die Schlucht. Ich war sehr vorsichtig. An einer Seite der Grube kletterte ich nach oben.“
Niemand und Nichts wird vergessen!
Die deutsche Wehrmacht und die Einsatztruppen räumten Krankenhäuser, indem sie die Kranken vor die Tür trieben und sie dann mit Maschinengewehrsalven dahin mähten. In den besetzten Dörfern wurden die Menschen in Scheunen getrieben, die von Soldaten umstellt waren, die Scheunen wurden angezündet, diejenigen, die aus den Scheunen herauskamen, wurden dann erschossen, die anderen verbrannten qualvoll. Mehr als 70.000 Dörfer und über 1000 sowjetische Städte wurden auf diese Weise zerstört. Bezeugt ist dies auch durch zahlreiche Fotos, die die Soldaten – ohne Scham oder Reue zu zeigen – von der Front nach Hause schickten.
Die VVN zeigt diesen Sonntag im Metropolis den Film: Komm und sieh! Ein sowjetischer Spielfilm, der diese Verbrechen beschreibt und ich kann Euch nur ans Herz legen, ihn euch anzusehen.
Schon 1940 hatten die deutschen Faschisten unter Leitung von Himmler und Rosenberg ihre Pläne für die Sowjetunion ausgearbeitet: Estland, Lettland, Litauen und Bjelorußland sollten zu einem deutschen Protektorat werden, was später – in den Worten der Nazis – „germanisiert“ werden sollte. Nach Himmlers Plänen sollten mindestens 30 Millionen Slawen vernichtet werden, insbesondere durch Aushungern der Bevölkerung.
Über die dahinter liegenden – wirtschaftlichen Kriegsziehle – wird Jella später sprechen.
Das Oberkommando der Wehrmacht gab bereits vor dem Angriff Richtlinien heraus in Bezug auf die Kriegsführung gegen die Sowjetunion. Deutsche Offiziere hatten die Vollmacht, jede Person ohne Gericht und Untersuchung zu erschiessen, die einer feindseligen Einstellung den Deutschen gegenüber verdächtigt wurde. Die politischen Kommissare der Roten Armee sollten nicht als Kriegsgefangene behandelt werden, sondern bei Gefangennahme sofort abgesondert und erschossen werden.
Auch diejenigen, die in Gefangenschaft gerieten wurden schlechter behandelt als Tiere. Das Lager Fallingbostel hier in Norddeutschland, in dem sowjetische Kriegsgefangene eingesperrt war, bestand nur aus einem überwachten Gelände, um das ein Zaun gebaut war. Es gab keine Gebäude, keine Toiletten. Um ihre Notdurft zu verrichten mussten die Menschen mit den Händen Gruben graben. Das Essen wurde einfach über den Zaun geworfen und die Nazi-Schergen wollten sehen, wie dann das Hauen und Stechen um die wenigen Brocken Brotes losging. Aber selbst unter diesen Bedingungen gelang es den sowjetischen Gefangenen, die Verteilung des wenigen, was es gab, zu organisieren und auch Kranke mitzuversorgen. Das veranlasste die Faschisten dazu, etwa 1000 der Kriegsgefangenen – die als Kommissare „identifiziert“ wurden – auszusondern und am 16. Oktober 1941 in ein Sonderlager nach Neuengamme zu transportieren. Es gab dort auch keine Betten, keine Decken, die Fenster waren mit Farbe zu gemalt, die Gefangenen sollten vom übrigen Lager komplett isoliert werden. Fritz Bringmann, KZ-Häftling aus dem Großen Lager in Neuengamme gelang es jedoch mit weiteren Genossen, den Kontakt aufzubauen und als Sanitäter in der Krankenbaracke eingesetzt zu werden. Sie organisierten im Lager Geld- und Lebensmittelsammlungen und konnten Fisch und Rote Beete organisieren, die sie in einer heimlichen Aktion in das Lager brachten. Es war eine bescheidene Portion für jeden Häftling, aber dieses Zeichen der internationalen Solidarität gab den Häftlingen wieder Kraft, die unmenschlichen Zustände weiter auszuhalten.
Doch trotz all dieser Bemühungen starben 652 der sowjetischen Gefangen: ermordet durch Hunger, Entkräftung durch schwerste Zwangsarbeit oder durch Injektionen mit Benzin.
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Friedensfreunde und Antifaschistinnen,
Meine Vorrednerin Nicole hat bereits eindrucksvoll die unmenschlichen Grausamkeit und den Vernichtungswillen der deutschen Faschisten beim Überfall auf die Sowjetunion und im Krieg gegen die sowjetische Bevölkerung beschrieben.
Wir wollen hier und heute an die Opfer des Krieges erinnern. Wir wollen ihnen danken und ihnen Gedenken. Denjenigen, die ihr Leben ließen und denjenigen, die einen heldenhaften Kampf gegen die Faschisten führten.
Wir wollen aber auch daran erinnern, dass es die ökonomischen Interessen waren – nämlich die des deutschen Großkapitals – die Hauptursache des Krieges waren.
Schon vor dem ersten Weltkrieg haben die Vordenker der Faschisten ein Konzept vertreten, nach dem das deutsche Reich die politische Vorherrschaft in Europa erringen und sich darin zum Großdeutschen Reich erweitern solle. Das gesamte europäische Territorium sollte nach diesem Konzept „feindfreies“ und im besten Falle „menschenleeres Land“ sein, damit die Gefolgschaft gegenüber der Reichsführung uneingeschränkt und die bestmögliche wirtschaftliche Ausbeutung möglich sei.
Die deutschen Faschisten waren dann vor dem zweiten Weltkrieg die politische Kraft, die in der Lage war, dieses Konzept politisch „salonfähig“ zu machen und es mit den konkreten Interessen der deutschen Konzerne zu verbinden. Die Hitlerfaschisten haben die schon lange existierenden rassistischen und geostrategischen Wahnvorstellungen aufgegriffen und sie zur Staatsidee gemacht. Und sie waren auch in der Lage dazu, diese Idee „massentauglich“ zu machen. Die Kriegsplanung und die Kriegsziele der Faschisten entsprachen dabei den Interessen der deutschen Großkonzerne und der Industrie.
Der Krieg Deutschlands gegen die Sowjetunion ist allen bekannt, als ein Krieg der Faschisten gegen den ersten sozialistischen Staat und des Rassenwahns zur Vernichtung der Juden. Diese ideologischen Ziele waren aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite waren wirtschaftliche Interessen, die Ostexpansion und Erweiterung der Einflusssphären der deutschen Industrie und das Ziel, Deutschland zur Weltmachtposition zu verhelfen.
Der Industrie und den Faschisten ging es um die schonungslose wirtschaftliche Ausplünderung der UdSSR – also den Raub von gewaltigen Massen an Nahrungsmitteln und Rohstoffen sowie die Ausbeutung der Arbeitskräfte als Sklavenarbeiter. Die Versorgung der eigenen Bevölkerung und der gesamten Kriegsmaschinerie sollte dadurch dauerhaft gesichert sein.
In einer geheimen Aktennotiz der faschistischen Staatssekretäre von 1941 heißt es:
„Hierbei werden zweifellos zigtausende verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird“.
Der Hungertod von Millionen von Menschen wurde aber nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern war ein wesentlicher Teil der Kriegsstrategie. Wie Nicole in ihrem Beitrag schon sagte, sollten nach Himmlers Plänen mindestens 30 Millionen Slawen vernichtet werden, insbesondere durch Aushungern der Bevölkerung.
Dem Hungerplan des deutschen Faschismus vielen dann auch über 7 Millionen Menschen zum Opfer.
Das strategische Ziel dahinter entsprach der Idee eines „feindfreien“ oder menschenleeren eroberten Landes. Durch die Vernichtung eines Großteils der sowjetischen Bevölkerung sollte die dauerhafte innere Sicherung des zu erobernden Landes mit möglichst wenig Aufwand zu erreichen sein, damit er wirtschaftlich am effizientesten ausgenutzt werden könne. Dies entsprach den Interessen der deutschen Großkonzerne, wie IG-Farben, Thyssen oder Zeiss aber auch der Deutschen Reichsbank und der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, wie man in ihren Kriegsdenkschriften nachlesen kann.
So bestehen zwischen dem Kommissarbefehl und dem Hungerplan, dem Mord an Millionen von russischen Kriegsgefangenen sowie der Vernichtung von 6 Millionen Juden und der Politik der Deportations-, Arbeits-, und Vernichtungslager ein unmittelbarer systematischer Zusammenhang. Auf den Punkt gebracht ist das der schonungslose Expansionsdrang des Imperialismus – hier des deutschen Imperialismus. Gepaart mit der menschenverachtenden Ideologie der Faschisten und ihrem Vernichtungswillen gab es für die deutsche Großkonzerne keine Schranken mehr.
Heute haben wir zwar keinen Faschismus an der Macht, aber wir haben immer noch einen deutschen Imperialismus, der nach ökonomischer Stärke, Macht und Einflusserweiterung strebt. Heute sind in den Worten und Taten des Großkapitals und seiner Vertretung in der Politik wieder Ambitionen ablesbar, auf der weltpolitischen Bühne mitzuspielen, sei es mit eigenen Weltmachtansprüchen im Zusammenschluss der Europäischen Union mit einer EU-Armee. Oder sei es an der Seite der USA im Kriegsbündnis NATO.
Insbesondere in der Frontstellung zu Russland steht die deutsche Regierung eng an der Seite der USA, betreibt selbst antirussische Propaganda und mischt sich in innere Angelegenheiten der Russlands ein. Sei es in der Ukraine-Frage oder der Darstellung des Eingreifens der russischen Föderation in Syrien. Sei es durch die Unterstellung von Morden und Mordversuchen der russischen Regierung an Oppositionellen oder dem Vorwurf von Cyberangriffen – Deutschland ist dabei, ein Feindbild Russland aufzubauen. Und es eskaliert die politische Situation mit seiner Sanktionspolitik und der Ausweisung von russischen Diplomaten. Die Kriegsgefahr ist heute so groß wie zu Hoochzeiten des Kalten Krieges. Nur scheint es keiner zu merken.
Seit Jahren ist die deutsche Regierung zudem in einem Rüstungswahn, hat im letzten Jahr über 51 Millionen Euro für Rüstung ausgegeben und bekennt sich zum Zwei-Prozent-Ziel der NATO. Mit den Großmanövern Defender 2020 und nun Defender 2021 stehen auch deutsche Truppen wieder an der Russischen Grenze. Dieses Jahr in Südosteuropa und im Schwarzmeerraum – in einer unmittelbaren Gefahrenzone für Russland. Und auch nukleare Aufrüstung findet statt: mit der Modernisierung der US-Atomwaffen in Büchel und dem Kauf neuer Bomber für die Bundeswehr, mit denen die US-Atomwaffen in Richtung Russland gebracht werden können.
Nicht auszumalen, was es für uns in Deutschland bedeutet, wenn dieser Krieg ausbricht. Kurz- und Mittelstreckenraketen, bestückt auch mit Atombomben. Und Deutschland mit seiner geostrategischen Lage und als Teil der Aggression gegen Russland würde ganz sicher ein Ziel von russischen Gegenangriffen werden.
Die Friedensbewegung heute ist zwar klein – aber sie ist notwendig.
Wir können dafür sorgen, dass sie wächst – und das tun wir auch.
Überall wo wir sind kämpfen wir dafür, dass Menschen sich für ihre Rechte und gegen den Krieg zusammenschließen und sich gegen Ungerechtigkeiten wehren.
Wir erheben Laut unsere Stimmen gegen die Aggressionen gegen Russland – denn wir wollen keinen Krieg!